18. Mai 2022

Kündigungsfrist im Hotel- und Gastgewerbe – OGH Entscheidung bringt keine Klarheit für die Praxis

Die lang erwartete OGH-Entscheidung zur Frage des Saisoncharakters des Hotel- und Gastgewerbes ist nun veröffentlicht worden. Allerdings bringt die Entscheidung nicht die erhoffte Klarheit, sondern schafft für die Praxis erhebliche Verunsicherung.

1. Ausgangslage

Seit 01.10.2021 gelten bekanntlich für Arbeiter im Grundsatz dieselben gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine wie bei Angestellten, also je nach Dienstzeit sechs Wochen bis fünf Monate zum Quartalsende bzw. falls vertraglich vereinbart zum 15. oder Letzten des Monats. Durch Kollektivvertrag können aber für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, weiterhin auch kürzere Kündigungsfristen geregelt werden.

Der Saisoncharakter des Hotel- und Gastgewerbes ist zwischen WKO und ÖGB heftig umstritten, und damit ist auch die Frage strittig, ob die kollektivvertragliche 14-tägige Kündigungsfrist bei Arbeitern im Hotel- und Gastgewerbe weiter gültig ist oder von der strengeren gesetzlichen Kündigungsregel verdrängt worden ist.

Um dies zu klären, haben die WKO-Fachverbände Hotellerie und Gastrononomie beim OGH die Feststellung beantragt, dass die 14-tägige Kündigungsfrist weiterhin wirksam bleibt. Die Fachverbände hatten dazu vorgebracht, dass im Zeitraum 2014 bis 2018 die Schwankung zwischen höchstem und niedrigstem Beschäftigungsstand in der Hotellerie und Gastronomie bei der Mehrzahl der Betriebe über 33,33 % betragen habe und hatten hierfür zahlreiches Datenmaterial vorgelegt.

2. Entscheidung des OGH

Laut dem nun erschienen OGH-Beschluss ist den antragstellenden WKO-Fachverbänden aber der Beweis des Überwiegens der Saisonbetriebe im Hotel- und Gastgewerbe misslungen. Der OGH meint, dass das zur Schwankungsbreite des Beschäftigtenstandes vorgelegte Datenmaterial über die Schwankungsbreite des Beschäftenstandes keinen Schluss auf rein saisonale Gründe zulasse. Der Antrag wurde daher abgewiesen.

3. Auswirkungen für die Praxis

Die OGH-Entscheidung ist aus dem Blickwinkel der Rechtssicherheit sehr unbefriedigend: Die Entscheidung besagt nämlich nicht, dass das Hotel- und Gastgewerbe keine Saisonbranche ist, sondern nur, dass der Wirtschaftskammer mit den vorgelegten Daten der Nachweis der Saisonbranche nicht gelungen ist. Das heißt: Die Sache ist nicht endgültig vom Tisch. Es bleibt offen, ob das Hotel- und Gastgewerbe nicht vielleicht doch eine Saisonbranche ist. Der WKO steht es frei, mit neuem Datenmaterial einen zweiten Anlauf zu nehmen, um in einem neuen OGH-Verfahren möglicherweise zu gewinnen. Ein solches weiteres Verfahren, sofern ein solches überhaupt in Angriff genommen wird, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder mehrere Monate dauern. Somit herrschen weiterhin Unklarheit und Chaos.

4. Empfehlungen für die Praxis

Solange keine höchstgerichtliche Klärung oder Bereinigung der Situation durch Einigung der KV-Partner erfolgt (in welche Richtung auch immer), ist nach derzeit herrschender Ansicht nachstehende Vorgehensweise empfehlenswert:

  • Bei Neuabschluss von Arbeiter-Dienstverträgen im Hotel- und Gastgewerbe kann eine „kombinierte“ Formulierung verwendet werden, die einerseits auf die 14-tägige Kündigungsfrist laut Kollektivvertrag verweist (für den Fall, dass die Rechtsprechung irgendwann den Saisoncharakter doch noch bejahen sollte) und andererseits den 15. und Letzten des Kalendermonats als Kündigungstermin für den Arbeitgeber absichert (für den Fall, dass die Rechtsprechung irgendwann den Saisoncharakter endgültig verneinen sollte).
  • Im Falle der Beendigung von Arbeiter-Dienstverhältnissen im Hotel- und Gastgewerbe kann (wie auch sonst) versucht werden, auf einvernehmliche Auflösungen „auszuweichen“. Falls dies mangels Zustimmung des Arbeitnehmers nicht in Frage kommt, wäre es zur Vermeidung des Risikos einer Kündigungsentschädigung wohl sinnvoll, vorsichtshalber die gesetzlich maßgebliche Kündigungsfrist (zum vorgesehenen Kündigungstermin) anzuwenden.

Achtung:

Bitte stimmen Sie sich – angesichts der derzeit unsicheren Rechtslage – im Einzelfall unbedingt im Vorfeld mit Ihrem zuständigen Sachbearbeiter ab.

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