28. Juni 2024

Melde- und Nachweispflichten bei Krankenständen

Es gibt neue Judikatur im Hinblick auf Mitteilungs- und Nachweispflichten im Krankenstand, die Sie als Arbeitgeber kennen sollten:

1. Mitteilungs- und Nachweispflichten

Im Falle einer krankheitsbedingten Dienstverhinderung treffen den Arbeitnehmer sowohl Melde-/bzw. Mitteilungspflichten. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflichten stellt eine Obliegenheitsverletzung dar, die zum Verlust des Entgeltfortzahlungsanspruchs für die Dauer der Säumnis führt.

Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber die Dienstverhinderung ohne Verzug, also ohne schuldhafte Verzögerung, bekannt geben. Das Gesetz enthält keine Formvorschriften. Die Mitteilung kann daher auch telefonisch, per E-Mail, SMS oder per WhatsApp erfolgen.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Krankmeldung bezieht sich auf den Beginn des Krankenstandesnicht aber auf das Hinzutreten einer weiteren Erkrankung während eines unterbrochenen Krankenstandes oder auf die Verlängerung desselben.

2. Sachverhalt Oberlandesgericht Wien

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin der Geschäftsführerin den Beginn ihres Krankenstandes unverzüglich per WhatsApp mitgeteilt, womit sie ihrer Meldepflicht nachgekommen ist. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin war die erkrankte Klägerin zu keiner Auskunft über die Ursache der Erkrankung (Diagnose) verpflichtet.

Im Gegensatz zur Meldepflicht muss ein Arbeitnehmer eine ärztliche Bestätigung nur auf Verlangen des Arbeitgebers vorlegen. Die ärztliche Bestätigung hat Angaben über den Beginn, die Ursache (Krankheit, Unglücksfall, Arbeitsunfall, Berufskrankheit, Kuraufenthalt) und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu enthalten, soweit eine derartige Prognose aus ärztlicher Sicht möglich ist. Ist der Arzt insbesondere der Meinung, dass das Ende des Krankenstandes nicht absehbar ist, reicht jedenfalls die Angabe „bis auf Weiteres“ oder „laufend“. Der Arbeitnehmer kann dabei grundsätzlich den Angaben und Empfehlungen seines Arztes vertrauen, sofern ihm nicht deren Unrichtigkeit (beispielsweise aufgrund eigener unrichtiger Angaben gegenüber dem Arzt) bekannt ist oder bekannt sein muss.

Im vorliegenden Fall steht einer Pflichtverletzung der Klägerin bereits entgegen, dass die Arbeitgeberin von ihr nie die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung verlangt hat, und somit eine diesbezügliche Verpflichtung der Klägerin gar nicht entstanden ist. Die Klägerin war außerdem durchgehend per E-Mail, SMS und WhatsApp erreichbar, sodass es auch keine Rolle spielt, dass sie für die Geschäftsführerin wegen der Blockierung von deren Nummer telefonisch nicht erreichbar war. Darüber hinaus hat die Klägerin ohnehin – von sich aus – zu Beginn des Krankenstandes sowie rund 2 Wochen später eine Krankenstandsbestätigung übermittelt. Bei der zuletzt ausgestellten Bestätigung war die voraussichtliche Dauer des Krankenstandes offensichtlich für die Ärztin noch nicht absehbar, weshalb sie dazu keine Angaben machte.

Die Klägerin teilte in ihrer E-Mail dazu mit, dass sie in der Woche darauf einen neuen Termin bei der Ärztin habe. Somit hätte auch der Inhalt dieser Meldung der gesetzlichen Nachweispflicht entsprochen und wäre es an der Arbeitgeberin gelegen, von der Klägerin die Vorlage einer (weiteren) ärztlichen Krankenstandsbestätigung mit einer konkreten zeitlichen Prognose zu verlangen.

Das Klagebegehren auf Entgeltfortzahlung für die Dauer des Krankenstandes besteht somit zu Recht.

3. Betriebliche Richtlinie

Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien zeigt mitunter auf, wie bedeutsam eine betriebliche Richtlinie zur Melde- und Nachweispflicht des Arbeitnehmers im Krankenstand sein kann.

Bestehen im Betrieb keine abweichenden Regelungen (z.B. durch Dienstvertrag, Betriebsvereinbarung oder eine betriebliche Richtlinie), kann der Arbeitnehmer seinen Krankenstand

  • in jeder denkbaren Form (z.B. telefonisch, mündlich durch einen Boten, per Fax, mittels E-Mail, SMS o.ä.) mitteilen und zwar
  • im Zweifel an jede Person, die in der Firma im Rezeptionsbereich oder Sekretariat mit der Entgegennahme von Telefonaten betraut sind.

Ist daher betriebsseitig eine bestimmte Form der Mitteilung erwünscht (z.B. telefonisch), eine bestimmte Form hingegen unerwünscht (z.B. SMS), und soll die Mitteilung an eine bestimmte Stelle erfolgen (z.B. Personalabteilung), empfiehlt es sich, dies ausdrücklich in verbindlicher Weise zu regeln.

Auch ist es durchaus sinnvoll, allgemeine Regeln für die Beibringung ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aufzustellen (zB Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung unabhängig von der Krankheitsdauer; Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung erst nach drei Tagen etc). Das Erfordernis einer individuellen Aufforderung an den Arbeitnehmer zur Vorlage einer ärztlichen Krankschreibung kann dadurch aber nicht ersetzt werden.

4. Ausländische Krankmeldung

Wenn im Ausland wohnhafte Arbeitnehmer erkranken und sich den Krankenstand von ihrem (ausländischen) Hausarzt bestätigen lassen, so ist es für die sozialversicherungsrechtliche Anerkennung des Krankenstandes in Österreich erforderlich, dass die ausländische Bestätigung bei der zuständigen Kundenservicestelle der ÖGK eingereicht wird.

Anhand der vorgelegten Unterlagen entscheidet die ÖGK über die Anerkennung des Krankenstandes. Damit die ÖGK eine österreichische Arbeitsunfähigkeitsbestätigung ausstellt, muss die ausländische Krankenstandbestätigung folgende Inhalte aufweisen:

  • persönliche Daten, wie Name und Geburtsdatum;
  • Beginn und Ende des Krankenstandes;
  • Diagnose, die zum Krankenstand geführt hat;
  • Stampiglie der behandelnden Ärztin bzw. des behandelnden Arztes;
  • Datum der Ausstellung

Die von der ÖGK ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbestätigung hat der Arbeitnehmer – wie auch sonst  – auf entsprechendes Verlangen dem österreichischen Arbeitgeber vorzulegen. Kommt ein Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht nach, verliert er für die Dauer der Säumnis den Anspruch auf das Krankenentgelt.

5. Beendigung

Vielfach kommt es in der Praxis vor, dass der Arbeitnehmer (erkrankt oder nicht) nachrichtenlos nicht zur Arbeit erscheint.

Bedenken Sie: Das Nichterscheinen für sich alleine kann laut Rechtsprechung noch nicht als schlüssige Austrittserklärung gewertet werden. Ein (unberechtigter) vorzeitiger Austritt liegt nämlich nur dann vor, wenn kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrigbleibt, dass der Arbeitnehmer durch sein Fernbleiben das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden möchte. Der Arbeitgeber ist daher bei Nichterscheinen eines Arbeitnehmers in der Regel ohne vorherige Abklärung weder zum sofortigen Ausspruch einer fristlosen Entlassung noch zur sofortigen Annahme eines vorzeitigen Austritts berechtigt.

 

 

 

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