22. März 2022

Steuerfreie Mitarbeiterbeteiligung: 7 (offene) Fragen und Antworten

Mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 wurde eine neue Steuerbefreiung im Einkommensteuerrecht geschaffen, die ab 01.01.2022 anwendbar ist.

Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit sind:

  1. Gewährung einer Gewinnbeteiligung
  2. an aktive Arbeitnehmer
  3. muss an alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern („Gruppenkriterium“) gewährt werden
  4. Summe der Gewinnbeteiligungen muss vom EBIT oder steuerlichen Gewinn des Vorjahres gedeckt sein („Gewinndeckung“)
  5. darf nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gezahlt werden
  6. darf nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung geleistet werden („schädliche Gehaltsumwandlung“)
  7. ist mit 3.000 EUR/Kalenderjahr und Arbeitnehmer gedeckelt (=Freibetrag, dh. die Gewährung einer höheren Gewinnbeteiligung ist nicht schädlich, aber nur max. 3.000 EUR können steuerfrei abgerechnet werden)

Vorsicht!

Für die Steuerfreiheit müssen ALLE Voraussetzungen erfüllt sein.

Nachstehend haben wir sieben Fragen rund um die neue Steuerbefreiung beantwortet, wobei die Antworten den derzeit vorherrschenden Lehrmeinungen entsprechen.

Leider gibt es nach wie vor eine Reihe von Zweifelsfragen, die einer Klarstellung durch das BMF bedürfen. Es bleibt daher zu hoffen, dass demnächst Klarstellungen in Form eines Fragen-Antworten-Kataloges veröffentlicht werden.

1. Was sind die Anforderungen an eine „Gewinnbeteiligung“?

Das Gesetz selbst definiert nicht, was unter einer „Gewinnbeteiligung“ zu verstehen ist. Den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zufolge muss bei der Ausgestaltung eines solchen „Gewinnbeteiligungmodells“ nicht zwingend auf den Gewinn, sondern kann auf jede „für das jeweilige Unternehmen passende, objektivierbare Erfolgsgröße“ abgestellt werden, wie etwa Umsatz, Deckungsbeitrag oder Betriebsergebnis.

Damit wird hier eine gewisse Flexibilität bei der Definition der für die Arbeitnehmer maßgeblichen Kriterien für den Anspruch auf Auszahlung der Gewinnbeteiligung festgelegt. Allerdings ist zu beachten, dass der Gewinn jedenfalls die maßgebliche Größe für die Berechnung des maximal steuerfreien Gesamtbetrags darstellt.

VORSICHT: Völlig unklar ist derzeit, ob auch für variable Vergütungsmodelle, die auf das Erreichen von individuell vereinbarten Zielen basieren, die Steuerfreiheit für Gewinnbeteiligungsmodelle angewandt werden kann.

2. Was bedeutet die Einschränkung auf „aktive Arbeitnehmer“?

Zum einen bedeutet dies, dass die Steuerbefreiung nur von Personen in Anspruch genommen werden kann, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen. Das bedeutet, dass folgende Personengruppen die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen können:

  • freie Dienstnehmer (erzielen in der Regel Einkünfte aus Gewerbebetrieb)
  • wesentlich (>25 %) beteiligte Geschäftsführer einer GmbH (erzielen Einkünfte aus selbständiger Arbeit)
  • bloß familienhaft mitarbeitender naher Angehöriger

Zum anderen muss es sich um einen aktiven Arbeitnehmer handeln, wobei das Einkommenssteuergesetz dazu leider keine Definition enthält (BMF Klarstellung bleibt hier daher jedenfalls abzuwarten).

Es ist davon auszugehen, dass eine Gewinnbeteiligung nur dann steuerfrei ausgezahlt werden kann, wenn die Gewinnbeteiligung als Gegenleistung für eine aktive Arbeitsleistung gewährt wird. Dabei wird auf das Jahr abzustellen sein, auf das sich die Gewinnbeteiligung bezieht, nicht auf das Jahr, in dem die Auszahlung erfolgt.

3. Was sind zulässige „Gruppenkriterien“?

Gewinnbeteiligungen können nur dann lohnsteuerfrei abgerechnet werden, wenn diese entweder

  • an alle Arbeitnehmer oder
  • bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern

gewährt werden.

Vorsicht!

Eine lohnsteuerfreie Abrechnung ist daher jedenfalls nicht möglich, wenn die Gewinnbeteiligung selektiv einzelnen Personen gewährt wird.

Gewährung an eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern

Schwierigkeiten ergeben sich in der Praxis vor allem bei der Gewährung an bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern.

Ein solches Gruppenkriterium findet sich auch bereits bei anderen Lohnsteuerbegünstigungen, wie etwa

  • der Benützung von Einrichtungen und Anlagen (zB. Kindergärten, Sportanlagen) und der Gesundheitsförderung und Prävention
  • Zuschüsse für die Kinderbetreuung
  • Zuwendungen für die Zukunftssicherung
  • Mitarbeiterkapitalbeteiligungen
  • Mitarbeiterrabatten

Laut (bisheriger) VwGH-Rechtsprechung ist das Gruppenkriterium im Kontext der jeweils konkret anwendbaren
Lohnsteuerbegünstigung auszulegen
, weshalb auch hier auf eine erläuternde Erklärung des BMF gehofft wird.

4. Wie ist die „Gewinndeckung“ zu berechnen?

Es sind drei Varianten vorgesehen:

1. Variante: Gewinnermittler nach § 5 Abs 1 EStG

Steuerpflichtige, die

  • nach § 189 UGB oder anderen bundesgesetzlichen Vorschriften der Pflicht zur Rechnungslegung unterliegen UND
  • Einkünfte aus Gewerbetrieb erzielen

ermitteln ihren steuerlichen Gewinn auf Basis einer doppelten Buchführung nach den Vorschriften des UGB (sofern das Steuerrecht keine abweichenden Regelungen trifft). Dies betrifft beispielweise eine GmbH, AG oder SE, aber auch Einzelunternehmen und Personengesellschaften, welche eine bestimmte Umsatzschwelle überschreiten und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen.

Arbeitgeber, die dieses Kriterium erfüllen, können insgesamt an alle Arbeitnehmer maximal Gewinnbeteiligungen in Höhe des EBIT der im letzten Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahre lohnsteuerfrei auszahlen.

2. Variante: Gewinnermittler nach § 4 Abs 1 EStG

Arbeitgeber, die zwar nicht unternehmensrechtlich, aber steuerrechtlich zur Bilanzierung verpflichtet sind oder freiwillig bilanzieren (sogenannte § 4 Abs 1 EStG-Ermittler) können bei der Berechnung der maximal lohnsteuerfreien Gewinnbeteiligung auf den entsprechenden „steuerbilanziellen“ Gewinn des Vorjahres abstellen.

3. Variante: Nicht bilanzierende Arbeitgeber

Arbeitgeber, die ihren Gewinn nicht auf Basis einer unternehmens- oder steuerrechtlichen Bilanz ermitteln, haben die Gewinndeckung auf Basis des steuerlichen Vorjahresgewinnes zu berechnen. Dies betrifft insbesondere sog. Einnahmen-Ausgaben-Rechner, wohl aber auch Arbeitgeber, die den steuerlichen Gewinn auf Basis einer Pauschalierungsmethode berechnen.

Keine Gewinnermittlung

Es gibt auch Fälle, in denen der Arbeitgeber gar keinen steuerlichen Gewinn ermittelt. Dies trifft zB. Beschäftigte im öffentlichen Dienst oder Arbeitnehmer von Vereinen mit Gemeinnützigkeitsstatus. Es ist zu befürchten, dass die Finanzverwaltung diesfalls die Meinung vertritt, dass an diese Arbeitnehmer dann auch keine steuerfreie
„Gewinnbeteiligung“ ausgezahlt werden kann.

5. Welche lohngestaltenden Vorschriften sind schädlich für die Steuerbefreiung?

Die neue Gesetzesbestimmung verweist auf folgende schädliche lohngestaltende Vorschriften:

  • gesetzliche Vorschriften
  • von Gebietskörperschaften erlassene Dienstordnungen
  • aufsichtsbehördlich genehmigte Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts
  • die vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegte Arbeitsordnung
  • Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind
  • Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteils auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden.

Hat die Gewinnbeteiligung ihre Anspruchsgrundlage unmittelbar in einer der oben genannten lohngestaltenden Vorschriften, wäre somit keine lohnsteuerfreie Auszahlung möglich (praktisch jedoch sehr unwahrscheinlich).

6. Kann 2022 bereits eine Gewinnbeteiligung steuerfrei ausgezahlt werden, die sich auf das Jahr 2021 bezieht?

Ja. Die Lohnsteuerbefreiung gilt gemäß gesetzlicher Bestimmung für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2021 enden. Da im Lohnsteuerrecht das Zuflussprinzip gilt, sind somit auch Gewinnbeteiligungen von der Steuerbefreiung umfasst, die sich zwar auf das Jahr 2021 beziehen, aber erst im Jahr 2022 ausbezahlt werden.

7. Gilt die Befreiung auch für Sozialversicherungsabgaben und Lohnnebenkosten? Wirkt sich die Befreiung auf das Jahressechstel aus?

  • Sozialversicherung: Nein. Dies bedürfte einer gesonderten Ausnahmebestimmung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz. Diese wurde allerdings nicht geschaffen, so dass Gewinnbeteiligungen (weiterhin) grundsätzlich sozialversicherungspflichtig abzurechnen sind (im Rahmen der Höchstbeitragsgrundlage für Sonderzahlungen; Wert 2022: 11.340 Euro).
  • Lohnnebenkosten: Nein. Die diesbezüglichen Befreiungsbestimmungen verweisen nur auf die einkommensteuerlichen Befreiungsbestimmungen. Somit greift die umgesetzte Steuerbefreiung für Gewinnbeteiligungen nicht für DB/DZ und Kommunalsteuer.
  • Jahressechstel: Nein. Die steuerfreie Gewinnbeteiligung wirkt in Bezug auf das Jahressechstel neutral. Das bedeutet, dass weder das Jahressechstel erhöht noch konsumiert wird.

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